Offener Brief an den ersten Bürgermeister der Stadt Bobingen

 

 

 

 

Stadt Bobingen

Herrn 1. Bürgermeister

Bernd Müller

Rathausplatz 1

86399 Bobingen

 

 

Monika Deininger (Bobingen)

Hubert Gebert (Wehringen)

Claudia Götz (Bobingen)

Claudia Leichter (Bobingen)

Anja Rödig (Augsburg-Inningen)

 

 

in Kopie an:

·       Herrn Klaus Förster, 2. Bürgermeister und Fraktionsvorsitzender der CSU

·       Herrn Rainer Naumann, 3. Bürgermeister

·       Herrn Edmund Mannes, Fraktionsvorsitzender der SPD

·       Frau Monika Müller-Weigand, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen

·       Herrn Franz Handschuh, Fraktionsvorsitzender FBU

·       Frau Waltraud Wellenhofer, Fraktionsvorsitzende der FW

 

                                                                                                                     18. September 2017

 

Planung Ganzjahresbad/Aquamarin 

 

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Müller,

 

wir beziehen uns auf die mit Ihnen anlässlich des SPD-Stammtischs im Restaurant Linden­hof am 3. August 2017 geführte Diskussion und die darauffolgenden in der Presse veröffent­lichten Artikel der Stadt Bobingen zur aktuellen Planung des Aquamarins. 

 

Unendlich viele Gespräche mit den tatsächlichen Nutzern des Aquamarins sowie vielen Bobinger Bürgern haben uns dazu bewogen, mit diesem Schreiben unseren Unmut zu bekunden. 

Fakt ist, Ihre Planung, bis hin zum Beschluss im Stadtrat, wurde über die Köpfe der Bürger­schaft hinweg durchgesetzt und nicht nur die tatsächlichen Benutzer des Aquamarins sondern auch die Bobinger Bürger sowie unsere nachfolgenden Stadtoberhäupter und Generationen haben nun die künftige Kröte einer unseres Erachtens kostentechnisch wie auch substanziell völlig überdimensionierten und am Bedarf vorbei geplanten Entscheidung zu schlucken!

 

Diese Behauptung möchten wir mit den folgenden drei Punkten belegen:

 

1.     Überdimensionierung am tatsächlichen Bedarf vorbei

Ein sehr konstruktives Gespräch mit Herrn Dipl. Ing. (MArch AA) Thomas Heidingsfelder, Inhaber des Planungsbüros HAI Heidingsfelder Architekten und Ingenieure in München (www.hai-architects.com), das sich u.a. auf den Bereich Bäderbauten spezialisiert hat, ergab für uns (die breite Masse der tatsächlichen Nutzer der Bäder) die nachfolgend auf­geführten neuen Erkenntnisse. Vorab jedoch halten wir es für erwähnenswert, dass dieses Planungsbüro mit ihren Konzepten schon erste Preise gewonnen, und u.a. einen sehr interessanten Vorschlag für die künftige Ganzjahresnutzung des Landsberger Inselbades entworfen und eingereicht hat.

a)    Eine Planung mit Features wie Textilsauna, Meersalzgrotte und Solebecken fällt bereits unter den Begriff „Erlebnisbad“. In unserer Region herrscht hier eine starke Konkurrenzsituation und ein entsprechend großer Verdrängungswettbewerb. Mit „diesen paar wenigen geplanten Features eines Erlebnisbades“ holt man heutzutage keinen einzigen Nutzer MEHR ins Bad!

b)    Ein ähnliches Bad wurde von der Agentur vor Kurzem geplant. Investitionskosten: 17 Mio € - OHNE Cabriodach. Es scheint wohl eher so zu sein bei der Bobinger Version der Planung, dass hier nicht seriös gerechnet wurde.

c)    Bedenklich ist auch die dadurch stattfindende Klassifizierung in die Kategorie Erlebnis­bad, wodurch man lange nicht die Zuschüsse erwarten kann, wie für ein „normales“ Schul- und Freizeitbad.

d)    Stand der Dinge heutzutage ist ein (von uns auch präferiertes) Kombibad, wie es z.B. nun in Bad Kreuznach (Salinenbad) umgesetzt wird.

Kombibad (Erläuterung): Hallenbad nur geöffnet, wenn zeitgleich das benach­barte Freibad nicht zur Verfügung steht  (Wintermo­nate / Schlechtwetter­perioden im Sommer). Die Wetterprognosen sind inzwi­schen derart zuverläs­sig, dass man in den Sommermonaten z.B. auf eine heranziehende Kaltfront schnell reagieren kann und ohne personellen Mehr­aufwand sodann die Halle öffnet.

Anmerkung: durch den Einsatz erneuerbarer Energien (z.B. Solartechnik oder Photo­voltaiktechnik + Nutzung des erst kürzlich gebauten Blockheizkraftwerks) sollte dies sogar ohne einen größeren Kosten- und Personalmehraufwand umsetzbar sein (s. hier auch die Selbstverpflichtung der Stadt Bobingen im Energieleitbild, S. 2 und S. 8)

e)    Isoliert betrachtet, kann man ein 50-m-Becken finanziell durchaus kritisch betrachten. Im Kontext mit weiteren Faktoren jedoch macht der Erhalt eines als unverwüstlich und ohne größere Folgekosten geltenden Edelstahlbeckens durchaus Sinn und die Betrachtungsweise wird sehr schnell eine andere. Zumal dieses Becken im Jahre 2000 für ca. 1,5 Mio DM errichtet wurde und erst vor Kurzem aus energetischen Gründen mit einer sehr kostspieligen, elektrisch betriebenen Schwimmbadabdeckung ausgestattet wurde. Kosten allein hierfür: 120.000,00 € .

Interessante Anmerkung eines Badegastes hierzu: „Heute orientiert sich die private Wirtschaft an der Wiederverwendung von getätigten Investitionsgütern. Warum nicht auch die öffentliche Hand?“

f)      Herr Heidingsfelder wies ferner darauf hin, dass Bäderkonzepte heutzutage mit einem max. jährlichen Defizit von 200.000 – 300.000 € geplant werden können. Eine Summe von 715.600 € halten wir deshalb für diskussions- und fragwürdig.

 

 

2.     Mangelhafte bis nicht stattfindende Bürgerbeteiligung

Ein sehr interessantes Gespräch mit den Stadtwerken Landsberg/Lech hat ergeben, dass die Umsetzung eines solch massiven Kraftaktes ohne Bürgerbeteiligung keinen Sinn macht. Spätestens wenn Planungsentwürfe vorliegen, sollte die Bevölkerung und in solch einem Fall auch die Nutzer der Einrichtung mit ins Boot geholt werden, um eine zeitliche Vorgabe einhalten zu können - ohne Gefahr diverser Unterschriftsaktionen oder gar Bürgerbegehren. Siehe hierzu auch die vom Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr herausgegebene Planungshilfe für Kommunen P16/17, S. 5,19,20, 129,148, 150, 157,158. 

Herr Imhof (Bereichsleiter Inselbad LL) und wir sind uns hier einig, dass – egal welcher Beschluss gefasst wird – eine Interessensgruppe eine „Kröte“ schlucken muss. Allerdings ist dies einfacher zu bewerkstelligen durch Transparenz und Einbeziehung der Bevölke­rung! 

Zum besseren Verständnis der Ausgangslage: in LL wurden seitens der Stadtwerke für sehr wenig Budget drei Planungsbüros beauftragt, Vorschläge zur Umsetzung eines Ganzjahresbades zu machen. Auf Grundlage dieser Entwürfe wurde bis zum Ende der Freibadsaison die Bevölkerung befragt, welche Art von Bad sie präferieren. Dies geschah nicht nur durch Plakatierung im Inselbad sondern auch per Internetabfrage. Beteiligen konnte sich jeder, der sich für dieses Bad interessiert, d.h. nicht nur Landsberger Bürger. Nun wird diese Umfrage ausgewertet und anschließend erstmalig im Stadtrat vorgelegt.

Nachdem die Stadt Bobingen sich öffentlich immer wieder als vorbildlich in Sachen Bürgerbeteiligung lobt (z.B. im Energieleitbild S. 2, S. 16, in der Bürgerbroschüre S. 15, im AZ-Interview vom 26.08.17 und der angeblich angestrebten Einführung der „Satzung zur Regelung des Zugangs zu Informationen des eigenen Wirkungskreises“), muss die Frage erlaubt sein, ob das nicht alles nur eine Farce ist! Offensichtlich hat in Bobingen der Bürger mit Abgabe des Wahlzettels sein ihm zustehendes Maß an Demokratie bereits ausge­schöpft. Ein Blick über die Stadtgrenzen hinaus zu anderen Kommunen, die vor gleichen Herausforderungen stehen und dies vorbildlich mit Beteiligung der Bürger meistern, würde hier vieles vereinfachen.

 

3. Weitere kritische Anmerkungen zur derzeitigen Planung

a)    Bei derzeitiger Personalplanung mit div. Becken im Außenbereich + Ganzjahres-Hallen­bad wird aufgrund der gesetzlichen Aufsichtssituation eine Person mehr benö­tigt als bei der bisherigen Lösung bzw. einem Kombibad (aktuell: je 1 Person am Sprungturm, Sportbecken und Erlebnisbecken; Ganzjahresbad: 1 Person am Sprungturm, 1 Person am Erlebnisbecken und 2 Personen für den Innenbereich. Diese Personenzahl ist im Schichtbetrieb Vormittag/Nachmittag zu verdoppeln.)

b)    Wie viele Badegäste dürfen sich in einem 6 x 25m-Becken zur gleichen Zeit aufhal­ten? Haben künftig Badegäste an heißen Tagen nur noch Anspruch auf eine bestimmte Badezeit? Oder muss aufgrund gesetzlicher Vorgaben gar gewartet werden, bis eine Person das Becken verlässt, damit wieder eine Person ins Schwimmbecken kann? Ist unter diesen Voraussetzungen ein Schwimmen für Jung und Alt überhaupt noch möglich?

c)    Recherchen haben ergeben, dass das Becken des Sprungturms bei einer Abtren­nung gar nicht alleine betrieben werden kann. Das 50-Meter-Sportbecken und das Becken am Sprungturm werden von einer Umwälzanlage versorgt. Wird also das Sportbecken abgestellt, befindet sich auch in dem Seitenbecken des Sprungturms kein Wasser mehr. Der Sprungturm wurde vor nicht langer Zeit mit einem sehr großen zeitlichen und vor allem auch finanziellen Aufwand von 300.000,00 € reno­viert. Sollte der Sprungturm nicht mehr betrieben werden, wird dies sicherlich zu erheblichem Besucherschwund insbesondere bei Kindern und Jugendlichen führen. (Zudem haben Sie uns beim SPD-Stammtisch auf Nachfrage mitgeteilt, dass eine Verkleinerung/Abtrennung des Beckens nicht möglich sei.)

d)    Der Kinderspielplatz wurde komplett neu gestaltet und gebaut. Das Eltern-Kind-Becken soll jedoch nach innen verlegt werden? Sicherlich wird der Spielplatz dann wesentlich weniger frequentiert werden, insbesondere deshalb, da der Eltern-Kind-Bereich dann genau entgegengesetzt zum Spielplatz (Kosten: 70.000,00 €) errichtet werden soll.

e)    Aufgrund der geplanten Dachkonstruktion (Cabrio-Dach) werden sicherlich die Wärme­verluste bei Weitem höher sein, als bei einer nicht beweglichen Konstruktion. Bei einer massiven Dachbauweise in Kombination mit Solarkollektoren bzw. Photovoltaik würden die Heizkosten hingegen minimiert werden.

f)     Wie Sie uns mitgeteilt haben, muss in einem Zeitraum zwischen fünf und acht Jahren die Technik im Freibad saniert werden. Nach unseren Recherchen hält sich der Kostenaufwand hierfür jedoch in Grenzen. Bei einem Kombibetrieb könnte man mit einer Technikanlage für beide Bäder auskommen. Das Edelstahlbecken ist so gut wie wartungsfrei (s. 1. e). 

 

Abschließend möchten wir noch mitteilen, dass wir und viele andere Badegäste den Ein­druck haben, dass seit Bekanntwerden der statischen Probleme und der veralteten Technik des Hallenbades auch das Freibad absichtlich in Misskredit gebracht wird. 

 

Zahlreiche Badegäste haben bemängelt, dass allein durch die diesjährige neue Preisgestaltung (Wegfall Spätbadetarif, 30-er Karten) das Badejuwel unattraktiv geworden ist. Ferner wurde die von der Stadt Bobingen auf die eigenen Fahnen geschriebene Familienfreundlichkeit bemängelt: es werden z.B. ein Partnertarif sowie bessere Familienangebote vermisst. 

 

Es wäre schön, wenn auch die Personen, von denen das Freibad tatsächlich genutzt wird, von Ihnen angehört würden. Herr Dipl.IngHeidingsfelder ist beispielsweise sehr gerne bereit, einen Plan zur Gestaltung des Aquamarins als Kombibad zu entwerfen. Natürlich benötigt er hierzu detaillierte interne Angaben, die ihm nur seitens der Stadtverwaltung gegeben werden können.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Gez.

Monika Deininger

Hubert Gebert

Claudia Götz

Claudia Leichter

Anja Rödig